Viele Menschen gehen mit dem Thema Demenz vorsichtig und zurückhaltend um. Niemand will Demenz bekommen und kaum einer macht sich darüber Gedanken. Manchmal holt einen das Thema Demenz jedoch schneller ein als man denkt. Hier möchte ich nun meine Demenz Erfahrung zur Orientierungslosigkeit meines verstorbenen Opa schildern. Ja, ich habe den Ausbruch und die wachsende Demenz meines Opas erleben dürfen. Dürfen deshalb, weil viele es als müssen bezeichnen, mein Opa für mich eine wichtige Bezugsperson war, auf welche ich aufschaute.

Orientierungslosigkeit Demenz

Es war ein Mittwoch Mittag, mitten im Sommer, bei hohen Temperaturen, der Asphalt glühte förmlich, als ich mit meinen Kindern zur Abkühlung an den See fahren wollte. Als ich mich einer Kreuzung näherte sah ich ihn mit dem Fahrrad und im Pyjama gekleidet, Schlangenlinien fahrend sich dem Kreuzungsbereich nähern. Um Schlimmeres zu verhindern, hielt ich, mit eingeschalteter Warnblinkanlage, mitten im Kreuzungsbereich, stieg aus, ging auf ihn zu und wollte ihn fragen wohin er bei diesen Temperaturen wollte. Doch statt anzuhalten und mir Beachtung zu schenken, schien er sich voll darauf zu konzentrieren, wie er dem von mir zur Sicherung abgestellten Fahrzeug ausweichen konnte. Ich musste einschreiten, um ihn aber auch andere Verkehrsteilnehmer nicht zu gefährden. Daraufhin erst erkannte er mich. Als ich ihn fragte was er denn bei diesen Temperaturen mit dem Rad machen würde, merkte man regelrecht, dass er nach den richtigen Worten suchte. Erst nach einigem Gestammel kam ein Wort – Metzger. Er wollte zum Metzger, um eine Uhrzeit, zu welcher dieser geschlossen hatte. Daraufhin habe ich ihn mit dem Fahrrad nach Hause gefahren.

Senioren und Rentner vermisst

Immer wieder erlebt man, dass mit Wärmebildkameras ausgerüstete Polizeihubschrauber, in manchen Fällen ganze Hundertschaften der Polizei ausrücken, um an Demenz erkrankte Senioren und Rentner zu finden, die vermisst werden. Nicht nur Rentner und Senioren, die trotz Demenz zu Hause verschwinden, nein auch in Altenheimen kommt ein solches Verschwinden von Senioren häufiger vor.

Auch bei meinem, an Demenz erkrankten Opa war das der Fall. Als eines Abends mein Onkel meinem Opa das Essen bringen wollte, war dieser mit seinem Fahrrad spurlos verschwunden. Schnell wurden alle Familienangehörige alarmiert und eine Suchaktion gestartet. Alle wichtigen Orte, welche mein Opa gerne und häufig ansteuerte, wurden abgefahren. Doch die Suche blieb ohne Erfolg. Als nächstes wurden alle Fahrradwege geprüft, die aus dem Wohnort gingen. Und tatsächlich, mitten in der Nacht entdeckte mein Onkel meinen Opa auf einem der Radwege am Wegesrand, ebenfalls nur mit einem Pyjama bekleidet, sitzend. Wir waren sichtlich erleichtert ihn gefunden zu haben.

Orientierungslosigkeit im Alter kann ganz schön gefährlich sein. Einerseits, weil an Demenz erkrankte Menschen sich nicht an die Straßenverkehrsordnung halten, andererseits weil sie schnell vergessen wo sie sind, wohin sie wollen und wie sie den Weg zurückfinden.

Aufgrund dieser beiden Vorkommnisse wurde meinem Opa das Fahrrad genommen. Diese Entscheidung fiel zwar leicht, da die Risiken ihm das Fahrrad zu überlassen einfach zu groß waren, aber es schmerzte auch. Schließlich nimmt man einem geliebten Menschen hier etwas weg. Stellt man sich jedoch vor, dass die Person möglicherweise in Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis wäre und zudem über ein eigenes Auto verfügen würde – nicht auszumalen was in einem solchen Fall passieren könnte.

Teilen

Kommentieren Sie den Artikel

Please enter your comment!
Please enter your name here